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Nationalratswahl 2023

Unser Geschäftsführer Willi Wottreng kandidiert auf der Liste der AL (Alternative Liste) im Kanton Zürich für den Nationalrat. Die Radgenossenschaft begrüsst das sehr.

Es ist wichtig, dass Vertreterinnen und Vertreter der Jenischen in der Politik zu sehen und zu hören sind. So wird die Stimme unserer Minderheiten immer besser wahrgenommen. Und man kann etwas bewirken. Zur Erinnerung: Als Gemeinderat hat Willi Wottreng gesorgt, dass der Notfall-Platz Albisgüetli zustande kam.

Wir empfehlen ihn eindringlich als politischen Vertreter der Jenischen zur Wahl.

Die Radgenossenschaft

Daniel Huber, Präsident.

2024-01-22T15:02:36+01:005. October 2023|

Die Radgenossenschaft ist Mitglied der FUEN – der Föderalistischen Union europäischer Nationalitäten

Ein Erfolg für die Jenischen auf europäischer Ebene

Die Radgenossenschaft ist Mitglied der FUEN – der Föderalistischen Union europäischer Nationalitäten
Am 9. September 2023 hat der Jahreskongress der FUEN beschlossen, die Radgenossenschaft als assoziiertes
Mitglied aufzunehmen.
Die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) ist die Hauptvertreterin und der grösste
Dachverband der sogenannten «autochthonen» – also alteingesessenen – nationalen Minderheiten,
Nationalitäten und Sprachgemeinschaften Europas. Unter ihrem Dach vereint sie derzeit 110
Mitgliedsorganisationen aus 36 europäischen Ländern. Sie ist die Stimme der Minderheiten bei internationalen
Organisationen, der Europäischen Union, dem Europarat, den Vereinten Nationen und der OSZE und unterhält
Büros in Berlin, Flensburg, und Brüssel.
Die Radgenossenschaft, vertreten durch ihren Geschäftsführer, wurde als Organisation der Jenischen am
Kongress herzlich begrüsst vom Tagespräsidenten Bahne Bahnsen. Wir stellten die Radgenossenschaft in
einer Präsentation vor, die offensichtlich Vergnügen bereitete und gemäss Reaktionen manche neuen
Erkenntnisse bot. Und wir selber lernten Europa besser kennen, nämlich mit einem Blick «von unten», dem der
Minderheiten: So kamen wir etwa in Kontakt mit Türken in Griechenland, anwesend war der Zentralrat der
Roma und Sinti in Deutschland, es sprachen Krimtataren über ihr Schicksal, wir lernten Friesen und Dänen in
Deutschland kennen, verabschiedet wurden Resolutionen zu den Katalanen in Spanien und zu den
Minderheiten in der Ukraine
Am Jahreskongress der FUEN in der Stadt Pecs in Ungarn am 9. September 2023, wurde die Aufnahme
einstimmig beschlossen. Dies ist für die Radgenossenschaft ein Durchbruch. Wir verstehen uns als eine
Stimme der Jenischen in Europa und können dies nun als erstes jenisches Mitglied in der FUEN zur
Geltung bringen. Wir bewerten die Aufnahme als weiteren Schritt auf europäischer Ebene zur Stärkung
und zur Anerkennung der Jenischen in Europa und in jedem europäischen Land.
Die Jenischen werden sichtbar!

Die Radgenossenschaft, Zürich, 11. September 2023

2025-03-18T13:20:00+01:0019. September 2023|

Korrektur des Landesmuseums

In einer Ausstellung über 175 Jahre Bundesverfassung schreibt das Landesmuseum zum Thema Fürsorgerische Zwangsmassnahmen über “Fahrende”.

Nach Intervention unserer Beirätin Esther Gisler Fischer und der Radgenossenschaft selber wurde dies nun korrigiert, wie Sie folgendem Artikel entnehmen:

Das Landesmuseum korrigiert

2024-12-09T14:06:41+01:008. May 2023|

Lehrmittel Jenische-Sinti-Roma: “Es handelt sich um eine Pionierarbeit”

Rede von Prof. Heinz Rhyn, Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich, an der
Vernissagefeier für das Lehrmittel «Jenische – Sinti – Roma», am 31. März 2023.
«Nichts über uns ohne uns»

PH Zürich, 31. März 2023

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen
Es ist mir eine grosse Freude die heutige Vernissage des Lehrmittelprojekts «Jenische, Sinti,
Roma. Zu wenig bekannte Minderheiten der Schweiz» eröffnen zu dürfen. Ich tue dies mit
Freude und etwas Stolz. Ich heisse Sie alle also ganz herzliche willkommen bei uns an der
Pädagogischen Hochschule Zürich.
Die heutige Vernissage gilt zwei Produkten, die eng miteinander verbunden sind, ja
eigentlich zusammengehören. Es handelt sich zum einen um das das Buch für die breite
Öffentlichkeit, das im Münsterverlag erschienen ist, und zum andern um das Lehrmittel, das
auf der Homepage der Stiftung Erziehung zur Toleranz heruntergeladen werden kann.
(Kommentar: Beide Produkte liegen dann vorne, man kann sie hochhalten.)
Dieses Lehrmittel zum Thema Jenische, Sinti und Roma richtet sich an Schülerinnen und
Schüler ab der 5. Klasse. Ziele des Lehrmittels sind die Befähigung zu respektvollem
Umgang und die Sensibilisierung für die kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt in unserem
Land. Das Lehrmittel orientiert sich selbstverständlich am Lehrplan21, ist also
lehrplankonform. Es enthält konkrete Aufgabenstellungen für Schülerinnen und Schüler und
Kommentare und Erläuterungen für die Lehrpersonen. Es ist an den aktuellen didaktischen
und methodischen Unterrichtskonzepten ausgerichtet und kann bei Lehrpersonen unter dem
Label «pfannenfertig» laufen. Didaktisch orientiert es sich am Prinzip der Mehrperspektivität
und fördert bei den Schülerinnen und Schülern die Fähigkeit und den Willen zum
Perspektivenwechsel. «Pfannenfertig» heisst also nicht, dass es nichts zu tun gibt – im
Gegenteil: Diskussionen und Auseinandersetzungen mit dem Thema sind gefragt; es geht
darum Interesse zu wecken, Verstehen zu fördern und Haltungen zu entwickeln.
Vertreter:innen aus den Minderheiten der Jenischen, Sinti und Roma haben das Lehrmittel in
einem partizipativen Ansatz nicht nur initiiert, sondern sie haben es aktiv (mit)gestaltet. Das
entspricht heutigen ethischen Standards bezüglich wissenschaftlicher und pädagogischer
Arbeit zu ethnischen Minderheiten. Von Anfang an galt dabei der Grundsatz:
Nichts über uns ohne uns!
Hierin liegt denn auch das Neue und Einzigartige: Es handelt sich um eine Pionierarbeit im
Lehrmittelbereich – schon fast geschichtsträchtig. Das sind grosse Worte, die ich an dieser
Stelle ansatzweise begründen will:
1. Die Jenischen, Sinti und Roma haben bisher in der Schweiz kaum Eingang in
schulische Lehrmittel gefunden. Dabei ist dies ein altes Desiderat des Europarates,
des Bundes, einiger Kantone und der Minderheiten selbst. Bislang wurde über sie
erzählt und gelehrt. Nun erzählen sie selbst! Auch über sich.
2. Erstmals auf europäischer Ebene behandelt ein Lehrmittel gleichzeitig alle diese drei
Minderheitsgruppen gemeinsam. Das gibt es unseres Wissens in keinem anderen
europäischen Land!
3. Entsprechend den international geforderten ethischen Anforderungen wurde das
Lehrmittel erarbeitet auf der Grundlage einer Initiative von den drei
Bevölkerungsgruppen und von Nicht-Regierungsorganisationen; also «von unten»,
nach dem Prinzip: «Nichts über uns ohne uns.»
4. Das stellte übrigens eine Hochschule und Expert:innenorganisation wie die PH Zürich
vor besondere Herausforderungen: Es braucht einerseits Zeit für Gespräche und
Aushandlungsprozesse. Andererseits braucht es Vertrauen und integrative
Persönlichkeiten, die solche Prozesse anleiten können. Schliesslich braucht es auch
Durchhaltewillen auf allen Seiten.
5. Das Bundesamt für Kultur BAK hat das Lehrmittel massgeblich unterstützt und
Bundespräsident Alain Berset hat ein Begleitwort dazu verfasst.
Das Lehrmittel basiert auf neun Portraits. Selbstbeschreibungen und Erzählungen von
Angehörigen der drei Minderheiten bilden den Ausgangspunkt für die Lernprozesse von
Kindern und Jugendlichen. Fokussiert wird die gelebte Gegenwart, zu der jedoch auch der
Umgang mit Gewalterfahrungen der Vergangenheit gehören. Somit kommt auch die
historische Dimension des Umgangs mit den Minderheiten in der Schweiz und Europa – ich
erwähne etwa die Aktion «Kinder der Landstrasse» und den Holocaust an den Sinti und
Roma – zur Sprache.
Als Bildungshistoriker ist mir dieser geschichtliche Bezug besonders wichtig: Wir müssen
wissen, was früher geschehen ist, damit wir die Gegenwart verstehen und Ideen für eine
offenere und friedlichere Zukunft entwickeln können.
Mit dem biografischen Ansatz im vorliegenden Buch wird ein induktiver Zugang gewählt.
Dadurch soll die Festigung von Klischeevorstellungen vermieden werden. Die porträtierten
Menschen erzählen über ihren Alltag, über ihre Berufe, ihre Wohnsituationen, ihre Familien
und ihre Wünsche. Schülerinnen und Schüler lernen somit Einzelfälle und konkrete
Vertreterinnen und Vertreter der drei Minderheiten exemplarisch kennen. Es geht zunächst
um Menschen.
Ebenso können die Schüler:innen durch angeleitete Vergleiche die strukturellen
gesellschaftlichen Dimensionen herausarbeiten und erkennen. In diesem Zusammenhang
soll etwa der strukturellen Rassismus gegenüber Jenischen, Sinti und Roma in der Schweiz
erwähnt werden. Bei der Erprobung des Lehrmittels hat sich gezeigt, dass dieses Ziel mit
dem Lehrmittel erreicht werden kann. Dazu hören wir später noch mehr von den
Mitarbeiterinnen der PH Zürich.
Ich komme zum wohlverdienten Dank:
Ich danke – – – – –
den Jenischen, Sinti:zze und Rom:nja, die ihre Geschichten erzählt haben, für ihre
Offenheit und Ehrlichkeit, für ihren Mut, sich öffentlich zu exponieren
den Verteter:innen der Arbeitsgruppe «Jenische-Sinti-Roma» unter der Leitung von
Willi Wottreng für die Initiative,
der Stiftung Erziehung zur Toleranz SET für die gute Zusammenarbeit und das
Hosting des Lehrmittels,
allen Sponsoren und Stiftungen, die das Projekt unterstützt haben. Massgeblich das
Bundesamt für Kultur (BAK), und
den Kolleginnen und Kollegen der PH Zürich für ihre tolle Arbeit.
Ich wünsche dem Buch und dem Lehrmittel viel Erfolg und dem damit verbundenen
Anliegen, Verständnis und Akzeptanz für Minderheiten zu fördern, eine starke Wirkung und
grosse Verbreitung.
Herzlichen Dank

2024-12-10T13:01:11+01:0011. April 2023|

Statuten

Die ergänzten Statuten der Radgenossenschaft, angenommen an der Generalversammlung 2018. Es kann grundsätzlich jede Person Mitglied werden, welche die Ziele der Radgenossenschaft unterstützt und den Mitgliederbeitrag bezahlt; der Verwaltungsrat muss die Aufnahme bestätigen. ergänzte Statuten verabschiedet an der GV 2018

2022-12-05T10:19:51+01:002. December 2022|

Woher kommt das Wort “Jenisch”?

Jenische geniessen das Leben – eine kleine Wortgeschichte (I)

Angeblich komme das Wort «Jenisch» aus der Sprache der Roma. Sprach
wissenschafter behaupten dies seit Jahrzehnten. Und zwar solle es aus ei
nem Wort «džan» oder auch «džin» stammen, was «wissen» und «einge
weiht sein» bedeute.(1)
Wir glauben das nicht. Die Konstruktion der Sprachforscher hängt an einem
sehr dünnen Faden. Dass sich das Wort tatsächlich aus dem Romanes ent
wickelt hat, dafür gibt es keine Beweise.
Der erste Wissenschafter, der dies behauptete, war ein Siegmund A. Wolf. In
seinem Buch «Wörterbuch des Rotwelschen», das 1956 erstmals erschien,
erklärt er: «Jenisch geht zurück auf die zigeunerische Wurzel ‹dšan› – wis
sen». Jenische Leute seien also «kluge gescheite Leut». Dass sie das sind,
stimmt ja, aber das Wort muss nicht genau das heissen. Wolf sagt noch,
dass der Ausdruck also ähnlich sei wie der jiddische Ausdruck «Kochem
Loschen». Auch das bedeute «Kluge Leute». Darum müsse das wohl stim
men.(2) Seither schreiben ihm viele Sprachforscher ab. Heute bezeichnet
sich eine Vereinigung von Händlern in Luxemburg als «Kochemer Loschen».
Der Forscher Yaron Matras, der den Einfluss des Romanes auf die deutsche
Sprache untersucht hat, schreibt, dass von der Formenbildung her eine sol
che Entwicklung zwar möglich wäre, aber für wahrscheinlich hält er es nicht;
denn in älteren volkstümlichen Sprachvarianten im deutschen Raum, vor
dem 18. Jahrhundert, fänden sich jedenfalls keinerlei Romanes-Wörter.(3)
Viele haben an dieser Theorie – das Wort «Jenisch» komme aus dem Ro
manes-Wort für «Wissen», «klug» oder «Eingeweihtsein» – wohl auch dar
um festgehalten, weil sich auf diese Weise ein geheimnisvoller Mantel um
die Jenischen legt. Sie wären also Menschen mit dem geheimen Wissen.
Aber es ist schwer verständlich, warum Jenische gerade ein Romanes-Wort
für ihre Bezeichnung gewählt haben sollen. Oder warum Nichtjenische, die
kein Romanes können, zur Bezeichnung von Jenischen ausgerechnet ein
Romanes-Wort wählen sollten. Oder warum Roma-Angehörige, die sich
wohl selber als Wissende verstanden, gerade die Jenischen als Wissende
bezeichnet sollten.
Tatsächlich ist diese Gleichsetzung von «Jenisch» mit «Wissen» erstmals
beim Hauptmann der Königlichen Bayrischen Armee Josef K. von Train zu
finden, der zuhanden von Polizei und Justiz in den 1830er Jahren die Spra
che von «Gaunern» und die Sprache von Jenischen aufschrieb. Und weil er
den Ausdruck «Chochemer Loschen» kannte und den Ausdruck «Jenische
Sprache», sagte er, dass «Jenische Sprache» volkstümlich für «Chochemer
Loschen» stehe.(4) Vielleicht hatte er das so gehört. Und später suchten
manche nach einer entsprechenden Herleitung des Wortes «jenisch».
Einige halten zu dieser Theorie, weil sie offenbar fürchten, man müsste
sonst das Wort «jenisch» auf das Wort «Gauner / Jauner» zurückführen. Wir
glauben beides nicht. Wir glauben, dass «Jenisch» aus einem eigenständi
gen Wort in der deutschen Volkssprache des Mittelalters kommt, das wie
viele Wörter verlorenging. Oder fast verlorenging.
Sucht man beim Autor Sebastian Brant, in dessen Buch «Narrenschiff» sich
einige heute noch benutzte jenische Wörter finden, kann man eine Entde
ckung machen. Brant hat auch ein Werk eines fahrenden Kirchenmannes
des 13. Jahrhunderts herausgegeben, der sich «Freidank» nannte: «Vridan
kes Bescheidenheit». In einer Folgeausgabe aus 1538 findet sich ein Wort,
das bisher sprachgeschichtlich weder beachtet noch in seiner Entwicklung
verfolgt worden ist: «Jenne». Ob die Verse wirklich von diesem Freidank
stammen, ist unklar, da sie erst später in einem Buch auftauchen. Jedenfalls
wird in diesen Freidank-Versen ein Mann als ein «Jenne» bezeichnet, weil er
mit seiner Frau spaziert oder mit ihr zu Hause sein Vergnügen hat.(5) Dem
Zusammenhang nach bedeutet das eine Person, die nicht auf dem Feld ar
beitet oder in einem Gewerbe wie «normale» Bauern oder Bürger. Sondern
die den Tag und das Leben geniesst. Sagen wir: einen Müssiggänger und
Geniesser. Es ist kein Dieb, aber allenfalls ein Tagedieb aus deren Sicht.
Die Verse wurden 1854 von einem Friedrich Zarncke wieder veröffentlicht,
und die bekannten Brüder Grimm haben das Wort samt den Versen im
19. Jahrhundert in ihr deutsches Wörterbuch aufgenommen: «Jenne» – und
zwar der Jenne oder die Jenne –, ohne Erklärung zur Wortbedeutung.(6)
Es gibt weitere Spuren. In einem Lexikon von 1906 aus den Niederlanden
über die Sprache von sogenannten Gaunern – die Sprache heisst «Boeven
Taal» – finden wir ein Wort «jennen». Dieses bezeichne «spielen, lügen».(7)
Da ist man nicht so weit vom «Jenne», dem Müssiggänger aus dem Vers bei
Brant entfernt, der statt zu arbeiten die von Gott geschenkten Stunden ver
spielt und vielleicht nach aussen so tut, als arbeite er.
Es bleibt rätselhaft, warum der Sprachforscher Wolf das Wort aus dem Ro
manes herleitet, wo ihm auch das näher gelegen Wort «Jenne» und
«jennen» zur Verfügung gestanden hätte.
Vielleicht liegt beim frühen Wort «Jenne» sogar ein Schlüssel zu Einsichten
über die Existenz der Jenischen vor dem Dreissigjährigen Krieg, ist es doch
älter als dieser Krieg. Ein Sprachforscher, den wir hier nicht namentlich er
wähnen, weil er sich in einem privaten Mail an den Autor geäussert hat,
schreibt, dass die Vermutung, wonach das alte Wort «Jenne» eine Verbin
dung zu den «Jenischen» habe, «eine ernstzunehmende Deutungskonkur
renz» zu den bisherigen Erklärungen für die Bezeichnung der Jenischen
darstelle.
Willi Wottreng, M.A., Historiker

Anmerkungen
(1) Siehe: Friedrich Kluge/Elmar Seebold: Ety
mologisches Wörterbuch der deutschen Spra
che, 23. erweiterte Auflage, Walter de Gruyter,
Berlin/New York 1995, S. 411. Wikipedia,
Stichwort «Jenische Sprache», Abschnitt
«Sprachbezeichnung»; sowie diverse einzelne
Autoren. Vgl. auch: Hansjörg Roth: Jenisches
Wörterbuch. Aus dem Sprachschatz Jenischer
in der Schweiz, Frauenfeld / Stuttgart / Wien,
2001; Stichwort «Jänisch», S. 285 f.

(2) Sigmund A. Wolf: Wörterbuch des Rotwel
schen. Deutsche Gaunersprache; zitiert nach
der 2. Auflage, Bibliographisches Institut, Ham
burg 1985; Stichwort «jenisch», S. 144/145.

(3) Yaron Matras: The Romani element in Ger
man secret languages: Jenisch and Rot
welsch, in: Derselbe (Hrsg): The Romani ele
ment in non-standard speech, Wiesbaden
1998, S. 193–230, hier: S. 196 Textteil und
Anm. 6, aus dem Englischen zusammenfas
send referiert von ww.

(4) Josef Karl von Train: «Chochemer Lo
schen. Wörterbuch der Gauner- und Dieb –
vulgo jenischen Sprache nach Criminalac
ten…», Verlag F. W. Goesche, Meissen 1833.
Nachdruck ULAN Press, Leipzig 2012.

(5) Verse von Freidank, hrsg. von Sebastian
Brant, Worms 1538. Publiziert in: Friedrich
Zarncke (Hrsg.): Sebastian Brants Narren
schiff, Georg Wigands Verlag, Leipzig 1854,
167b. Wiederum enthalten in: Jacob und Wil
helm Grimm: Deutsches Wörterbuch, ab 1854,
dort unter dem Stichwort Jenne» (Online
version: http://dwb.uni-trier.de/de/die-digitale
version/volltextdigitalisierung).

(6) Siehe oben, Anmerkung 5.

(7) W. L. H. Köster Henke: De Boeventaal
(ww. Die Gauner-Sprache), zakwoordenboekje
van het Bargoenchsof de taal van de jongens
van de vlakte, in woorden en zinnen alphabe
tisch gerangschikt, Verlag Schaafsma / Brou
wer, Dockum 1906, S. 28. Den Hinweis fand
ich in: Heidi Schleich: Das Jenische in Tirol,
3. erweiterte Auflage, EYE Literaturverlag der
Wenigerheiten, Landeck 2018, S. 99, Anm. 2.

Ein Wort und eine Räubergeschichte
Warum «jenisch» eher von «Jenne» stammt
als von einem Romanes Wort (II)

Das «Scharotl» hat im Februar 2019 kritisiert, es sei unwahrscheinlich,
dass das Wort Jenisch aus dem Romanes komme, wie Sprachwissenschaftler annehmen.

Es stammeeher von einem deutschen Wort«Jenne», das im Jahr 1538 in einem
Gedicht bezeugt ist und einen Lebensgeniesser bezeichnet.
«Jenisch» heisse weise sein, eingeweiht sein, lautete die bisherige Theorie. Sie stützt sich auch darauf,
dass angeblich das jiddische Wort«chochem» dasselbe bezeichne,nämlich Eingeweihte, Wissende, und dass Jenische beide Wörter für sich
verwendet hätten. Diese Erklärung findet sich etwa in der Einleitungüber die «jenische Sprache» in «Wikipedia». Dass Jenische so etwas wie Eingeweihte seien, Wissende,

findet sich etwa in der Einleitung über die «jenische Sprache» in«Wikipedia». Dass Jenische so etwas wie Eingeweihte seien, Wissende oder fast Heilige, klingt natürlich
schmeichelnd. Aber schauen wir uns das Wort «chochem» und «Kochemer» an.
Im 17. und Anfang 18. Jahrhundert gab es gemäss Prozessakten sogenannte Gauner- oder Räuberbanden links und rechts des Rheins, deren Aktivitäten von der Pfalz bis in die
Niederlande reichten. Etwa die des legendären Johannes Bückler, genannt Schinderhannes. Die von Mathias Weber, genannt der Fetzer, den wir vermutungsweise einem jenisch
geprägten Milieu zurechnen, werden seine Kumpels doch Scherenschleifer genannt (1). Oder die von Abraham Picard, einem Anführer einer jüdischen Gruppe. Gemäss den

vorhandenen Quellen abenteuerten sie –nur eigenen Gesetzen folgend – in erschiedenen Zusammensetzungen durch die Lande und arbeiteten
dabei auch miteinander zusammen, Fetzer etwa und Picard. So müssen jiddische Wörter in dieses Milieu eingeflossen sein.
Die in wechselnden Zusammensetzungen operierenden Gruppen verwendeten das Wort «Kochemer» etwa, wenn es darum ging, ob jemand
vertrauenswürdig sei, ob man ihn in die Planung eines Überfalles, der Einrichtung eines Fluchtortes, der Organisierung eines Beutedepots
einbeziehen könnte oder nicht. Und wenn man fand, der sei vertrauenswürdig, nannte man die Person einen «Kochemer». Gemäss einem
Prozessberichterstatter namens Becker erklärt Fetzer, der nichtjüdische Bandenführer, dass fast alle Häuser an einem bestimmten Ort «kochem»
seien oder dass sie bei einem Mann einkehren könnten, der «kochem» sei.
Verwendet wurde das Wort nicht speziell für Jenische, es finden sich jedenfalls keine Hinweise dafür: Offensichtlich konnte irgend ein Wirt
oder irgend ein Müller «kochem» sein, vertrauenswürdig. Oder ein jüdisches Haus .

Dass dann Polizeibeamte oder auch Sprachforscher schlossen, es seien damit Jenische gemeint, ist ihre Phantasie. In den Quellen ist dies schlicht nicht
belegbar. Es waren offensichtlich alle gemeint, die man in einen Planeinweihen konnte.
Auch von dieser Seite betrachtet, stürzt die These zusammen, dass «Jenische» nach dem Beispiel der «Chochemer» Eingeweihte oder
Wissende bedeute. Es wurden auch andere Leute damit bezeichnet als Jenische. Und das waren nicht Weise und Heilige, sondern ziemlich irdische Kumpel.
Wir glauben: Das Wort Jenisch stammt weder von einem Romanes Wort ab noch hängt es von der Bedeutung her mit einem jiddischen Wort zusammen.

Die weit her gesuchte Theorie von den weisen Chochemern hält der historischen Prüfung nicht stand; es ist Zeit, nahelie gendere Erklärungen zu betrachten – etwa jene, dass «jenisch» aus ei
nem mittelalterlichen deutschenWort «Jenne» stammen könnte.

Willi Wottreng, Historiker M. A.

Anmerkungen
Siehe auch: Scharotl, Februar 2019: Willi
Wottreng: «Jenische geniessen das Leben – eine kleine Wortschichte». Der vorliegen
de Teil II ist erschienen in Scharotl, Juni
2019.
1) Johann Nikolaus Becker: Mitglied des
Bezirks-Gerichtes in Köln): Actenmässige
Geschichte der Räuberbanden an den
beyden Ufern des Rheins, (aus Criminal
Protokollen und geheimen Notizen des Dr.
Keil, ehemaligen öffentlichen Anklägers im
Ruhr-Departemente, Teil II, Köln 1804, S.
180

2) Johann Nikolaus Becker: Actenmässige
Geschichte Teil II, S. 188 f.

 

2024-12-09T14:17:40+01:001. December 2022|

Rede der Radgenossenschaft für die Anerkennung der Jenischen in Europa

Für die Anerkennung der Jenischen in Europa!

Rede der Radgenossenschaft, vorgetragen durch den Geschäftsführer
Willi Wottreng, am europäischen Kulturtag in Ichenhausen und am
jenischen Kulturtag in Innsbruck, Oktober 2019.

Liebe Anwesende, liebe Jenische
Ich darf Ihnen eine Neuigkeit präsentieren, eine europäische jenische Petition
und einen europäischen jenischen Rat.
Jenische Existenz, das war immer zum Weinen und zum Lachen.
Himmelhochjauchendzutodebetrübt, wie man so sagt. So viel Schönes liesse
sich berichten, so viel Trauriges darf nicht vergessen werden.
Auch heute erleben wir zwei gegenläufige Bewegungen: Auf der einen Seite
wird der Lebensraum der Jenischen eingeschränkt. In Deutschland klagen
Schrotthändler über immer mehr bürokratische Behinderungen, die ihnen das
Gewerbe fast verunmöglichen. In der Schweiz verwirft eine Gemeinde nach der
andern die Schaffung von Durchgangsplätzen für sogenannte Fahrende – wobei
wir in einem Fall nun vor Gericht gehen und einen Musterprozess durchführen.
Von Irland hören wir, dass Travellers nicht mehr hausieren dürfen und nach ein
zwei Nächten ohnehin weiterfahren müssen. In den Niederlanden werden
Wohnwagen von Reisenden, die sich nicht an Vorschriften halten, angeblich
verbrannt.
Auf der andern Seite, seien wir ehrlich, hat sich seit einigen Jahrzehnten eine
ungeheure, irgendwie auch grossartige Entwicklung gezeigt. Nach dem
Weltkrieg, nach dem Nationalsozialismus waren die Jenischen ein Niemand. Sie
galten bestenfalls als Asoziale, ich muss es so sagen. Dann begannen sie sich zu
zeigen, hartnäckige Pflanzen. Um nicht immer den Vergleich mit dem
widerständigen Kaktus oder auch dem Igel zu bringen, verwende ich hier einmal
das Bild des Edelweiss. Diese Pflanze sieht auch noch besonders schön aus. Sie
kennen diese pelzigen weissen Hochblätter. Jenische sind wie Edelweiss, das
auf steinigen Wiesen und Kalksteinfelsen wächst.
In der Schweiz, dank glücklichen Umständen, wurde Anfang 1970er Jahr eine
Renaissance eingeleitet. Die Radgenossenschaft der Landstrasse ist die älteste
heute noch bestehende jenische Organisation dieses frühen Aufbruchs. Mit der
einzigen jenischen Zeitung der Welt, dem Scharotl, was Wohnwagen heisst.

Aber auch in Deutschland gab es Bemerkenswertes: In Ichenhausen wurde um
1980 ein jenischer Fussballklub gegründet, der das jenische Selbstbewusstsein
stärkte. Grünweiss-Ichenhausen, der heute noch kampfbegeistert spielt, auf dem
vereinseigenen Fussballfeld. Es gibt einen jenischen Motorradklub. Und auch
auf dem steinigen Boden Österreich hat sich manches getan: Hartnäckig wird in
Innsbruck schon zum vierten Mal ein jenischer Kulturtag organisiert. Der
verstorbene jenische Rangierarbeiter und Professor ehrenhalber Romed
Mungenast hat entscheidende Impulse geliefert, die über sein Land hinaus
wirkten.
Viele Versuche hat es gegeben, Jenische auch europaweit zu vernetzen. Manche
sind gescheitert. Jenische sind schwierig zu organisieren, wir wissen es. Sie sind
Einzelgänger. Oder Familientiere. Aber dafür sind sie Überlebenskünstler. Sie
wissen sich sogar ohne Organisation immer wieder von neuem zu behaupten.
Wie Edelweiss. Wenn man die Pflanze aus der Wiese ausreisst, dann wächst sie
halt am steilen Hang, und dies gern in Gruppen.
Heute haben wir die Situation, dass Jenische in vielen Ländern Europas sich
zeigen. Plötzlich sehen wir Edelweiss-Familien dort, wo man sie lange nicht
gesehen hat. In Luxemburg sind Jenische daran, ihre Geschichte aufzuarbeiten.
Der Luxemburger Jenische Oliver Kayser berichtet, dass einige
Familienvertreter ein luxemburgisches Archiv der Jenischen aufbauen und ihre
Geschichte zeigen wollen. In Frankreich fanden wir wunderbare jenische
Freunde in Lothringen; und man muss dazu sagen, dass Lothringen nicht irgend
eine abseitige Ecke ist für die jenische Kultur, sondern eine unerschöpfliche
Quelle: Viele Familien in Elsass, im Pariser Becken, in der Auvergne, selbst im
Süden Frankreichs kommen ursprünglich aus Lothringen.
Uns scheint, die jenischen Stimmen werden lauter. Es gibt in der Schweiz
mehrere Beispiele von Jenischen, die einst ihren Familien entrissen wurden,
andere Namen erhalten haben und die jetzt ihre jenischen Namen
zurückforderten und auch erhalten haben. Es gibt europaweit vermehrt jenische
Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die an Literaturanlässen auftreten. Es gibt
Musiker und Musikerinnen, etwa die junge französische Rapperin, die sich
„Lora Yéniche“ nennt. Es gibt den Film „Nebel im August“ über den jenischen
Jungen Ernst Lossa, der im KZ ermordet wurde, eine brutale ehrliche
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Es gibt den Film “Unerhört
Jenisch“, der vielen plötzlich bewusst gemacht hat, dass ein guter Teil
zumindest der schweizerischen Volksmusik von der jenischen Musik beeinfluss
ist, einer Musik, die einen unnachahmlichen „jenischen Zwick“ hat, wie ein
jenischer Musiker einmal gesagt hat. Der Film wird hier in Innsbruck gezeigt.
Allmählich wird auch die jenische Sprache wieder ausgegraben und geschätzt.
In jedem Land verlaufen die Entwicklungen ein wenig anders.

Vielfalt charakterisiert die Jenischen. Die Jenischen waren schon immer ein
Blumenteppich, vielfältig und keine Grenzen respektierend, auch keine
Landesgrenzen. Es wäre sicher eine Illusion, zu glauben, man könnte eine Art
von europäischer jenischer Partei gründen, vereinheitlicht im Denken und
Auftreten. Sitzungen, Programme, Bürokratie, Vereinsmeierei und
Mitgliederbeiträge sind nicht die Sache der Jenischen. Aber wir können an
diesem Blumenteppich weben. Vernetzen, weiterweben an der ganzen schönen
Vielfalt.
Ein Motiv findet sich immer wieder auf diesem Teppich in jedem Land. Und das
gibt ihm letztlich doch eine Einheit. Das Motiv heisst Würde und Anerkennung.
Die Jenischen in jedem Land verlangen Anerkennung. Wobei Anerkennung eine
ganze Reihe von Dingen bedeutet. Es beginnt beim Namen: Man soll
anerkennen, wie die Jenischen sich selber nennen. Jenische eben. Es sind keine
Wackes und keine Zigeuner und auch keine Roma. Es sind Jenische. Es sind
nicht Menschen zweiter oder dritter Klasse. Die Behörden müssen ihnen auf
Augenhöhe begegnen, schon das ist eine Form von Anerkennung.
Darüber hinaus muss man eingestehen, dass in der Vergangenheit Verbrechen
an den Jenischen begangen wurden. Sie wurden in der Nazizeit verfolgt, in KZs
ermordet, in Kliniken medizinisch traktiert. Kinder wurden ihnen
weggenommen, Mütter sterilisiert. Auch dessen bewusst zu werden ist eine
Form von Anerkennung.
Und schliesslich gibt es die Anerkennung im Sinne der staatlichen
Gesetzgebung. In der Schweiz haben es glückliche Umstände – etwa ein
wohlgesinnter Innenminister – und vielleicht eine geschickte Politik von
Radgenossenschaft und andern wie dem Verein Schäft Qwant erreicht, dass die
Jenischen als nationale Minderheit anerkannt sind. Jahrzehntelang haben wir
dafür gekämpft. Vor allem die Aktivisten und die Jenischen, die vor uns waren.
Lange ging es nur zäh voran. 2016 kam der Durchbruch. Nach einer Petition der
Jenischen. Der Druck war gross genug, der Moment der richtig. Dann ging es
wie ein Schnitt durch Butter.
Auch die jenische Sprache ist in der Schweiz als Minderheitensprache
anerkannt.
Ich muss allerdings einen bitteren Punkt berühren. Das ist die Situation in den
Gremien des Europarates. Der Europarat hat sich eingeschossen auf die
Formulierung: „Roma and Travellers“. Roma und Reisende. Es gibt für ihn
Roma und es gibt Fahrende. Jenische gibt es für ihn nicht. Noch nicht. Damit
müssen wir im Moment leben. Das heisst aber auch, wir können nicht einfach
hingehen und sagen, bitte unterstützt die Anliegen der Jenischen! Wir müssen
zuerst auf die eigenen Beine stehen und sagen: Es gibt Jenische. Hier sind
Jenische. Wir sind Jenische. Man muss hinstehen und verlangen: Anerkennt die
Tatsache, dass es uns gibt, und nennt uns auch so. Die Jenischen müssen sich
zuerst zeigen. Daran arbeiten wir.
Aber das ist das nächste Ziel: Wir wollen die Anerkennung der Jenischen auf
europäischer Ebene und in jedem europäischen Land. Seht doch, wie die
Jenischen den Alpenraum bereichern, gleich wie das Edelweiss. Aber hier endet
dann der Vergleich. Weil manche meinen, Edelweiss seien einfach Zierpflanzen,
geschützte zudem.
Die Jenischen waren natürlich nie Zierpflanzen. Sie haben beigetragen, dass die
Gesellschaften in den europäischen Kernländern bereichert wurden, durch
Handel, durch Austausch von Informationen auch. Das wären grässlich öde
Wiesen, wenn es die Jenischen nicht gäbe. Jenische waren immer eher
Nutzpflanzen als Zierpflanzen. Wobei Jenische wissen, dass auch das Edelweiss
nützlich sein kann. Ich schweife hier ein wenig ab: Edelweiss spielte eine Rolle
in der Volksmedizin: Bereits im 19. Jahrhundert wurde Edelweiss in der
Volksmedizin gegen Bauchweh, Halsschmerzen, Bronchitis, Durchfall und Ruhr
verwendet. Und heute wird es gezüchtet und zu Medikamenten verarbeitet, vor
allem bei Magenproblemen. Und natürlich gibt es Edelweiss-Schnaps; „er wird
nicht gebrannt, sondern eingelegt”, sagt ein Produzent.
Vielleicht denken manche, die Anerkennung der Jenischen sei ein grosses Ziel.
Eigentlich ist es nicht viel, es braucht nicht viel Geld, es braucht nicht viel
Veränderungen. Anerkennung ist zuerst nur ein Akt des Respekts. Eine Frage
des Verhaltens. Aber gerade darum ist es tatsächlich ein grosses Ziel. Das
Verhalten einer Gesellschaft zu ändern, ist schwierig. Ich sage hier nur: Wir
werden es durchsetzen, über kurz oder lang.
An einem jenischen Kulturfest in Ichenhausen in Bayern gab es am
vergangenen 5. Oktober 2019 gleich zwei Premieren. Zum einen wurde ein
europäischer jenischen Rat vorgestellt. Vorbereitet hatten wir das über den
Sommer hinweg, die interne Gründung erfolgte am 2. Juli 2019 im deutschen
Singen. Jenische aus Deutschland, Oesterreich, Frankreich, Luxemburg und der
Schweiz sind dabei. Der Zweck dieses europäischen Rats ist einfach: Für die
Anerkennung der Jenischen europaweit einzustehen. Die Statuten liegen auch
hier auf; sie tönen ein bisschen kompliziert, grad weil wir einfach bleiben
wollen. Nach jenischer Art hat dieser Rat weder einen Präsidenten und er
verlangt auch keine Mitgliederbeiträge. Wir sind so etwas wie eine jenische
Landsgemeinde. Wir sind so etwas wie ein europäischer Song Contest, wo bei
wichtigen Fragen jedes Land seine Stimme zu einem Problem abgeben kann und
nicht einmal an einen Versammlungsort reisen muss. Der juristische Sitz des
Europäischen Jenischen Rats ist in der Schweiz, in Zürich. Wir fordern Jenische
auf, diesem europäischen Rat beizutreten. Man kann sich einfach bei mir
melden. Im weiteren wurde in Ichenhausen auch ein deutscher Zentralrat der
Jenischen gegründet. Wir freuen uns über diesen neuen Schritt.
Der europäische jenische Rat hat letzte Woche auch eine Petition an den
Europarat lanciert. Jenische Erstunterzeichner aus den genannten europäischen
Ländern sind vorhanden. Ich zitiere daraus: „Die Anerkennung und die richtige
Selbstbezeichnung ist für die Jenischen von existentieller Bedeutung. Sie gibt
ihnen die Wertschätzung und die Würde, auf die sie als Minderheit Anspruch
erheben. Sie verschafft ihnen die Grundlage, auf der sie den Kampf für ihre
sozialen, kulturellen und politischen Rechte führen können. Wir unterzeichnende
Bürger von Mitgliedstaaten des Europarates und Vertreter von
Minderheitenorganisationen, fordern den Europarat auf, die Jenischen auf allen
Stufen ihrer Organe und in allen Bereichen ihrer Minderheitenpolitik zu
respektieren, anzuerkennen und gemäss ihrer Eigenbezeichnung zu benennen.“
Auch diese Petition liegt hier auf. Wir rufen alle auf, Jenische und
Nichtjenische, diese Petition hier und jetzt zu unterzeichnen und sie
weiterzuverbreiten. Wir werden sie dem Europarat einreichen. Als ein Zeichen
dafür, dass die Jenischen nicht bloss ein Mauerblümchen sind irgendwo an
einem steilen Fels. Sondern eine Pflanze, die sich hartnäckig hält und hartnäckig
ihren Lebensraum verlangt.

2024-12-09T13:51:11+01:0022. November 2022|

Vergangene Ausgaben des “Scharotl”

Die  Ausgaben des “Scharotl” – der Hauszeitschrift der Radgenossenschaft – geben nicht nur einen ausgezeichneten Einblick in unsere Aktivität, sondern ermöglichen auch, sich ein Bild zu machen, was jenische Kultur wirklich ist. Dank den vielen illustrierten Beiträgen zu verschiedensten Themen. Ältere Einzelnummern sind im Büro der Gratisgenossenschaft gratis erhältlich.

Scharotl Juni 2023

Scharotl März 2023

Scharotl Juni 2022 Programmheft Feckerchilbi Chur

Scharotl März 2022

Scharotl Dezember 2021

Scharotl September 2021

Scharotl Juni 2021

Scharotl März 2021

Scharotl Dezember 2020

Scharotl September 2020

Scharotl Juni 2020

Scharotl März 2020

Scharotl Dezember 2019

Scharotl September 2019

Scharotl Juni 2019

Scharotl-Februar-2019

Scharotl November 2018

Scharotl Sommer 2018 inkl. Festprogramm Feckerchilbi

Scharotl Februar 2018

Scharotl Dezember 2017

Scharotl September 2017

Scharotl März 2017

Scharotl Dezember 2016

Scharotl September 2016

Scharotl Juni 2016

Scharotl Februar 2016

Scharotl Dezember 2015

Scharotl Oktober 2015

Scharotl Juni 2015

Scharotl März 2015

Scharotl Oktober 2014

 

 

2023-08-28T11:02:58+02:0020. November 2022|
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